Wiesen und Davos Glaris waren die letzten Stationen der RhB, bei denen noch Hippsche Wendescheiben in Gebrauch waren. Ich bin am 12.05.1987 hingefahren. Leider sind die Fotos nur von mangelhafter
Qualität. Das Wetter war aber auch nicht günstig.
Auf der Hinfahrt in Davos Platz: Güterzug mit der Ge 6/6 I 413
Das Einfahrsignal Seite Davos in Fahrtstellung vom einfahrenden Zug aus gesehen. Das neue Lichtsignal liegt schon bereit.
Da Stationsgebäude von Wiesen mit zeitgenössischem Zubehör. Von links nach rechts lassen sich erkennen:
Entwerter, gelbe Abfahrtstabelle, Abläuteglocke, Briefkasten, Diensttelefon, Befehlsstab für die Zugsabfertigung (grüne-weisse Kelle), Stationsuhr und darunter Barrierenkurbel. Bei der Treppe zur
Rampe eine zur Montage vorbereite Signaltafel für Barrieren, darüber ein Briefkasten für dienstliche Korrespondenz und nochmals darüber ein Deckungssignal (rote Scheibe zum sichern von gesperrten
Gleisen).
Nicht erkennen kann ich hingegen den Bedienkasten für die Wendescheiben. Gemäss dem Buch Wägli waren bei den RhB auch Bedienplatten im Gebrauch, die vom Stationsbüro aus betätigt werden konnten.
Vermutlich war das auch hier der Fall.
Links neben der Barrierenkurbel ist noch ein kleiner grauer Metallkasten erkennbar. Dabei dürfte es sich um einen Kurbelapparat für die Betätigung der Abläuteglocken handeln.
Von Ruedi Wanner aus Wettingen wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass es nur eine Abläuteglocke gibt. Vermutlich wurden die Züge aus einer Richtung mit einem anderen Signalmittel angekündigt,
beispielweise mit einem Rasselwecker. Besten Dank an Ruedi für den Hinweis.
Die Arbeiten zur Automatisierung der Station haben schon begonnen. Noch ist auf dem Balkon Wäsche zum Trocknen aufgehängt. Der Stationsvorstand hat mir gesagt, dass er nach nach Vollendung
der Arbeiten in Pension gehen werde und danach hinauf ins Dorf umziehen werde. Der Bahnhof liegt tief unten im Tal. In der warmen Jahreszeit ist es hier sehr schön und sonnig, im Winter dürfte es
aber anders aussehen.
Die Barriere Seite Davos. Wegen dem vielen Schnee im Winter liegt der Drahtzug deutlich höher als im Flachland üblich.
Gemäss dem Buch Wägli weist diese Barriere eine Besonderheit auf: Der Drahtzug ist nur eindrähtig, so dass sie sich im Fall eines Drahtbruchs öffnen würde. Ein vertretbares Risiko angesichts des
bescheidenen Fahrwegs.
Vom Barrierenspezialisten Samuel Rachdi habe ich diese Angaben erhalten, die ich gerne weitergebe (leicht gekürzt):
Was die dortige (und damalige) Barrierenanlage betrifft, so war sie keine Seltenheit. Dieser Bautyp wurde vielmehr ab etwa den 1880er Jahren oft verwendet, da er im Aufbau und Unterhalt recht
preiswert ist. Ich vermute, dass dieses System in Frankreich seinen Ursprung hatte, denn zum Beispiel in Luçay-le-Mâle hat eine solche Anlage bis vor wenigen Jahren in Betrieb gestanden. In der
Schweiz waren die beiden Barrieren in Wilderswil bis etwa 2001 die letzten Vertreter dieser Bauart. Besonders in ehemals französischen Kolonien war dieser Bautyp weit verbreitet. In Saigon ist
noch mindestens eine in Betrieb, weitere Anlagen in Senegal, Benin, Algerien usw. beweisen, dass es nicht nur um Schneehöhen geht.
Auffallend an diesen Barrieren ist, dass deren Gegengewicht immer schwerer als der Schlagbaum war. So wurden beim Senken die Gegengewichte hochgezogen, dann musste die Antriebskurbel gesichert
werden. Wollte man danach wieder öffnen, so reichte es den Sicherheitshebel an der Kurbel zu lösen und die Schwerkraft erledigte den Rest.
Samuel Rachdi
Viele weitere Angaben zu örtlich bedienten Barrieren und den dazugehörigen Barrierenposten finden sich auf der sehr empfehlenswerten Homepage von Samuel:
Nochmals das Signal Seite Davos. Obwohl es auf Fahrt steht, war kein Zug zu erwarten. Der Stationsvorstand hatte Pause und die Signale blieben dauernd in Fahrtstellung.
Das Signal liegt zwischen zwei Tunnels. Bitte nicht fragen, wie ich dorthin gelangt bin...
Auf der anderen Stationsseite liegt der eindrückliche Wiesenerviadukt. Wie der etwa 3km weiter unten liegende Landwasserviadukt führt auch er über den Fluss Landwasser.
Unmittelbar nach dem Viadukt steht das Einfahrsignal Seite Filisur. Auch hier ist das neue Lichtsignal schon aufgestellt (ganz links am Bildrand).
Das gleiche Signal in Grossaufnahme. Hierhin bin ich übrigens auf legalen Wegen gelangt: Über den Viadukt fürhte schon damals ein offizieller Wanderweg.
Alle Fotos (8) S. Niklaus, 12.05.1987
Das Dorf Wiesen liegt weit oberhalb der Station und wie schon erwähnt in wesentlich sonniger Lage als die Station. Da es eher wenig bekannt ist, hier ausnahmsweise eine Foto ohne Eisenbahn.
Das Dorf wird auch von einer Buslinie von Davos erschlossen. Auch politisch gehört es inzwischen zu Davos. Für den Weg zur Station gibt der online-Fahrplan 45 Minuten Fussmarsch an.
Foto S.Niklaus, entstanden auf einer Velofahrt am 01.07.2014
Der Viadukt von der Strasse aus gesehen, entstanden auf einer weiteren Fahrt mit dem Rennvelo. Dass gerade ein Zug vorbeikam, war pures Glück.
Foto S. Niklaus, 26.07.2019
Bei weiteren Ferienaufenthalten in dieser absolut empfehlenswerten Gegend sind schliesslich noch diese Fotos entstanden:
Das Signal beim Viadukt wurde als Denkmal stehen gelassen. Es ist nicht ausgekreuzt und somit theoretisch noch gültig, wobei Hippsche Wendescheiben im aktuellen Signalreglement nicht enthalten
sind (waren sie auch in früheren Ausgaben nicht). Um jegliche Missverständnisse zu vermeiden, steht es wohl immer auf Fahrt, gesichert mit einem Vorhängeschloss.
Foto S. Niklaus 17.07.2015
Das Stationsgebäude präsentiert sich weitgehend unverändert.
Foto S. Niklaus 17.07.2015
Situation beim Einfahrsignal Seite Davos, diesmal von einem legalen Standpunkt. Unter dem Signal ist wohl jene Barrierentafel zu sehen, die ich bei meinem Besuch vor 28 Jahren schon mal
fotografiert hatte...
Foto S. Niklaus 17.07.2015
Stationsgebäude aus der Nähe. Die Bedienapparate für die Abläuteglocken und die Barriere wurden stehengelassen. Auch ein Diensttelefon gibt es immer noch, wenn auch in modernerer Ausführung.
Daneben ein roter Weichenkeil.
Foto S. Niklaus 09.08.2022
Gemäss dem Buch Wägli gab es auf dem Netz ursprünglich ca. 150 Hippsche Wendescheiben. 1982 waren es noch 9, nämlich je zwei in Susch, Lavin, Davos Monstein, Wiesen sowie eine in Scuol-Tarasp.
Gemäss meiner Erinnerung müsste es aber Davos Glaris sein und nicht in Monstein.
Gemäss dem Buch wurden die Signale in Wiesen als letzte der RhB am 20. Mai 1987 ausser Betrieb genommen. Das wäre nur eine gute Woche nach meinem Besuch, das war mir nicht bewusst. Allerdings
scheint mir auch das etwas kurz, war doch damals ein Signal noch gar nicht aufgestellt. Da haben die Monteure der RhB ein sportliches Arbeitstempo vorgelegt.
Die idyllische Station wird auch in der Literatur erwähnt. Foto aus dem Buch "Bahnland Schweiz" Avanti Verlag / Orell Füssli 1986 von Andreas Wolfensberger und Hans Peter Treichler.
Die Legend zum Bild lautet: "Im Stationsgebäude von Wiesen (Linie Filisur - Davos) unterhalten sich Bahnhofvorstand Rieder und Streckenwärter Fluor. Der Streckenabschnitt mit seinen fünf
grossen Tunnels wird täglich zu Fuss begangen."