Die ehemalige Station Veytaux-Chillon liegt an schönster Lage am Lac Léman (Genfersee) unweit des bekannten Schlosses Chillon. Daher lassen sich recht viele Bilder finden. Doch auch stellwerktechnisch hatte das "Statiönchen" interessantes zu bieten. In der deutschen Schweiz eher weniger bekannt ist die Tatsache, dass es auch ein dunkles Kapitel gibt: Vor bald 80 Jahren ereignete sich unmittelbar neben der Station ein schlimmes Explosionsunglück.

 

Foto oben: Am 22. April 2017 durchfährt der RAe TEE II 1053 von SBB-Historic zum letzten Mal die Haltestelle Veytaux-Chillon. Am nächsten Tag wird die Strecke Lausanne - Villeneuve auf ETCS Level 2 umgestellt und kann somit von Fahrzeugen ohne ETCS nicht mehr befahen werden. Im Hintergrund sind das Stationsgebäude und die gegenüberliegende historische Wartehalle zu sehen, vorne das Blocksignal 18R. Ganz rechts Chillon. Dieses Schloss ist schweizweit das am meisten besuchte historische Gebäude.

 

Die drei Bogen in der Stützmauer zeigen den Ort der Exposionskatastrophe von 1941

 

Foto O.Wileczelek

 

Chronik Veytaux-Chillon

 

2. April 1861:          Eröffnung der Strecke Lausanne - Villenueve

10. Oktober 1891:  Doppelspur

1908:                        Stellwerk Bruchsal J

1970:                        Schienenfreier Zugang dank einer neuerstellten Unterführung

1. März 1971:          Die örtliche Besetzung der Station wird aufgehoben

20. Mai 1973:          Gleichzeitig mit der Inbetriebnahme eines Domino 67 in Villeneuve wird das Stellwerk in

                                  Veytaux ausser Betrieb genommen. Die neuen Blocksignale 18P und 18Rbefinden sich

                                  ungefähr an der gleichen Stelle wie die alten Signale A und B

23. April 2017:        Umstellung der Strecke Lausanne (excl.) - Villeneuve auf ETCS Level 2. Die ortsfesten

                                  Signale entfallen.

 

Angaben von O. Wileczelek

 

Stellwerksplan vom 1. Juli 1916

  • Im Stellwerk sind nur die 3 Semaphore und das Durchfahrsignal Ap integriert
  • Weichen 1 und 2 sind ortsgestelle Handweichen, gesichert mit einem Schloss Bouré
  • Fahrstrassenhebel gibt es nur für Fahrstrassen a und c. Signal B ist ein Blocksignal ("Sémaphore de Block")

Handweichen in Hauptgleisen sind auf Stationen eher ungewöhnlich, häufiger findet man sie bei Anschlussgleisen. Die Weiche 2 in Veytaux wurde im Regelbetrieb von der Wurzel befahren. Bei Einspurbetrieb sah das anders aus: Ein Zug der Villeneuve - Montreux auf dem falschen Gleis verkehrte, hat die Weiche gegen die Spitze befahren. Dem Lokführer musste in dem Fall das Befahren der Weiche mit höchstens V/max 40 km/h vorgeschrieben werden. Auf der Beilage 6 zum Fahrdienstregelement, der "Karte für vorübergehenden Einspurbetrieb auf doppelspuriger Strecke" ist dafür eine entsprechende Rubrik vorgesehen.

 

 

Stellwerksplan vom 27. Oktober 1950

 

  • Die Vorsignale sind neu Lichtsignale, wobei Seite Montreux ein Wiederholungssignal aufgestellt wurde. Dieses steht nach der Haltestelle Territet, damit der Lokführer eines dort haltenden Zuges eine allfällige Warnstellung des Vorsignal A* nicht vergisst
  • Die Station kann nun durchgeschaltet werden (Hebel "Excl." = Exclusion / Durchschaltung). Diese Durchschaltung wurde 1943 eingerichtet
  • Die beiden Weichen werden mit einem gemeinsamen Hebel umgestelllt. Weiche 2 hatte eine beleuchtete Laterne und Weiche 1 nur ein unbeleuchtetes Weichensignal aus Blech
  • Am Stellwerk sind weiterhin nur 4 Hebel vorhanden (bei 9 möglichen Plätzen)
  • Die Signale A und C haben eine gemeinschaftliche Blocktaste, während sie auf dem Plan 1916 noch getrennt waren. Evtl. wollte man verhindern, dass ein Zug in Gleis 3  eingeschlossen wird

 

Stellwerkspläne Sammlung O. Wileczelek

Stellwerksinstruktion vom 6. November 1950

 

Sammlung O. Wileczelek

 

Nicht datierter Verschlussplan. Da der Ausschalthebel eingezeichnet ist, zeigt er den Zustand nach 1943. Interessant ist, dass dieser Plan im Gegensatz zu den Stellwerksplänen deutsch beschriftet ist.

 

Sammlung O. Wileczelek

 

Zirkular C 728 vom 6. Juni 1951. Es wurde ein provisorisches Spurwechsel eingebaut, um dauernden Einspurbetrieb Montreux - Veytaux zu ermöglichen. Das war notwendig, um in Territet eine neue Strassenunterführung zu bauen. Dort wurde der bekannte Bahnübergang ersetzt, wo die Strassenbahn Vevey - Montreux - Chillon - Villeneuve die SBB-Strecke kreuzte.

 

Sammlung O. Wileczelek

 

Schöne Aufnahme der Ae 3/5 10210 In Veytaux, vermutlich in den 30er Jahren. Rechts Schloss Chillon. Der Stellbock der Handweiche 2 ist noch knapp zu sehen. Im Hintergrund ist die Stützmauer im Zustand vor der Explosion zu erkennen.

 

Foto Sammlung O. Wileczelek

Auch auf das Titelbild des SBB-Nachrichtenblatt hat es Veytaux-Chillon geschafft. TEE-Zug "Lemano" Milano - Genève mit einer zweiteiligen FS-Komposition.

 

SBB-NB 4/59 Sammlung S. Niklaus

Güterzug mit leeren Zementbehältern bei der Durchfahrt in Veytaux. In den Kübeln wurde Zement für den Bau der Staumauern im Wallis transportiert 

 

Das Explosionsunglück vom 25. September 1941

 

Um 16.29 Uhr, kurz vor der Durchfahrt von Güterzug 5415 Brig - Lausanne (Ae 4/7 10984, ca. 50 Wagen / 500m) explodieren 4 Minen. Die Kantonsstrasse inklusive Strassenbahn Vevey - Montreux - Chillon - Villeneuve sowie die Bahnlinie werden über 50m Länge zerstört. Der Güterzug stürzt in den Explosionskrater und es entsteht ein riesiger Haufen von zerstörten Wagen. Der Lokführer und der Zugführer erliegen ihren Verletzungen. Ausserdem werden zwei Touristen, ein Soldat und ein Pensionierter SBB-Mirarbeiter durch die Explosion getötet. Die beiden Bahnhofsangestellten werden nicht verletzt, aber das Stellwerk wird beschädigt.

 

 

Nach der Katastrophe: Trotz Zensur wurden einige Bilder in den Zeitungen veröffentlicht.

 

Die verunfallte Ae 4/7 10984

 

Fotos und Angaben Sammlung O. Wileczelek

Im SBB-Nachrichtenblatt 10/1941 wird an die Opfer der Katastrophen von Kiesen und Veytaux-Chillon gedacht

 

Im gleichen Heft ist ein längerer Artikel über das Unglück erschienen. Dabei wird dem Titel des Artikel entsprechend auch detailliert über die Wiederherstellung des Betriebs berichtet. Ab dem Nachrichtenblatt 5/40 sind die Fotos zensuriert. Anfänglich wird der Vermerk "behördlich bewilligt" verwendet, später dann eine  Zensurnummer.

 

Sammlung S. Niklaus

 

 

Zum Schluss noch eine sehr schöne Aufnahme aus dem Jahr 1916. Sichtbar sind:

  • Die heute noch bestehende Wartehalle
  • Blocksignal B
  • Masten mit Telegrafenleitungen
  • Weiche 2 inklusive Handstellbock
  • Gleis 3 mit abgestelltem Kohlewagen
  • Das Stationsvordach
  • Der Personenübergang zwischen Vordach und Wartehalle
  • Ein Tramwagen der Strassenbahn Vevey - Montreux - Chillon - Villeneuve am Ort der Exposion. Der Wagenführer posiert nur für den Fotografen. Richtung Vevey geht es in die andere Richtung und auch die Position des Lyra-Stromabnehmer weist darauf hin

Foto Sammlung O. Wileczelek