• Riddes liegt im Rhonetal, an der doppelspurigen Hauptstrecke Lausanne - Sion - Brig
  • Stellwerk Jüdel aus dem Jahr 1901
  • Das Stellwerk ist elektrifiziert, d.h. mit Lichtsignalen und Weichenmotoren ausgerüstet. Es gibt keine Drahtzüge oder Gestänge zu den Weichen. Damit die Weichenhebel nicht ins Leere fallen, sind sie mit Stahlbänder fixiert
  • Die Durchfahrgleise und das Überholgleis sind isoliert. Ersichtlich ist das auf der Gleisbildtafel. Isolierte Gleise sind gelb eingezeichnet, nicht isolierte weiss.
  • Mit den kleinen Kurbeln werden die Fahrstrassen eingestellt. Solche Kurbeln waren eher selten. Normalerweise wurden Fahrstrassen mit den bekannten waagrechten und grün gestrichenen Hebel betätigt
  • Die grossen Kurbeln sind die Signalkurbeln.
  • Im Kasten links sind die Bedienelemente für den Streckenblock untergebracht
  • Links der Signalkurbeln ist noch ein kleines Kästchen mit drei Tasten angebracht. Die Taste rechts oben ist plombiert. Ich vermute, dass das die Stellwerkdurchschaltung war, d.h. dass damit das Stellwerk in der Nacht ausgeschaltet wurde. So konnte in den verkehrsarmen Nachtstunden eine örtliche Besetzung unterbleiben. Die Rhonetalstrecke wird bis heute von Schlafwagenzügen Frankreich - Italien befahren. 
  • An der Wand lassen sich einige typische Ausrüstungsgegenstände erkennen: Der grün-weisse Befehlsstab, eine Fahrtregelungstafel und eine rote Signalflagge (aufgerollt). Der Befehlsstab ist der Abfahrbefehl für haltende Züge. Die Fahrtregelungstagel wurde durchfahrenden Zügen gezeigt. Der Pfeil nach unten bedeutet "Geschwindigkeit bis zur nächsten Station so reduzieren, dass die Fahrtzeit ca. ein Drittel länger wird". Diese Tafeln wurden im Auftrag der Zü (Zugsüberwachung) gezeigt. Mit der roten Flagge konnte schliesslich ein Zug im Notfall zum Halten gebracht werden.
  • Auf dem Tablar links sind noch zwei Mützen der Abfertigungsbeamten zu sehen
  • Auf dem Holzbrett oberhalb des Stellwerks sind die Ein - und Ausfahrtabellen aufgelegt. Darauf sind alle verkehrenden Züge chronlogisch von 0.00 - 24.00 Uhr aufgeführt. Diese Tabellen waren zu jener Zeit eher SBB-typisch. Bei der BLS waren grafische Fahrpläne üblich.
  • A propos BLS: Links oben hat ein Poster des "Konkurrenten" auf dieser SBB-Station Platz gefunden

 

 

 

 

Das Stellwerk von der anderen Seite:

  • Der Weichenhebel links ist verkeilt. Eine Weichenverbindung wurde bereits ausgebaut
  • Hinter den Weichenhebeln befinden sich die Kästchen der elektrischen Hebelsperren: Wenn die Weichenisolierung frei ist, leuchtet beim Andrücken der Handfalle ein weisses Lämpchen und der Weichenhebel kann umgestellt werden.
  • Vorne eine Laterne, mit der grünes, rotes und weisses Licht gezeigt werden kann. Das sind die Nachtzeichen für den Befehlsstab bzw. die Signalflagge
  • An der Wand hinten sind weitere typische Ausrüstungsgegenständ zu erkennen: Die rot-weisse Scheibe oben ist ein Deckungssignal. Dieses wird zwischen den Schienen aufgestellt, um ein gesperrtes Gleis für den Lokführer sichtbar zu decken. Das lange rote Holzstück ist ein Weichenkeil. Damals war das Stationspersonal noch befugt, defekte Weichen zu verkeilen.  Die roten und rot-weissen Täfelchen sind mit verschiedenen Texten beschriftet und werden an den Hebeln angebracht. Übliche Texte sind z.B. "Gleis gesperrt", "Weiche gesperrt", "Strecke gesperrt", "Transport auf der Strecke", "Fahrleitung ausgeschaltet", "Karten abgeben" etc. Hier im Unterwallis waren die Schilder natürlich französisch beschiftet
  • In der Mitte schliesslich ist ein Diensttelefon zu sehen. Es weisst keine Wählscheibe auf, sondern rechts eine Kurbel. Ich kenne diese Telefone von der BLS her. Dort wurden sie Wärtertelefon genannt. Jede Station hatte einen vierteiligen Code zugeteilt, z.B. 4 x kurz, 2 x kurz 1 x lang 1 x kurz, 2 x lang 2 x kurz etc. Der Ton war für alle Stationen der Strecke hörbar und man durfte nur abnehmen, wenn die eigene Station aufgerufen wurde. Die Telefone waren beliebt, weil damit auch "kollektiv" geläutet werden konnte: 10 Sekunden ununterbrochenes Klingeln bedeutet abnehmen für alle Stationen. Das war wie gesagt das System bei der BLS, evtl. gab es bei den SBB andere Funktionen
  • Auch hier hat ein Poster der BLS Platz gefunden

Die Fotos sind am 19. August 1992 entstanden. Ich bin mit dem Rennvelo von Bern über Freiburg - Bulle - Col des Mosses - Sion nach Goppenstein gefahren, wo ich nach ein paar freien Tage mit Spätdienst begonnen habe. Dabei habe ich in Riddes eine kurze Pause gemacht und das Stellwerk fotografiert. Gut 220 km mit dem Velo, um zur Arbeit zu fahren!