In Pfäffikon SZ stand eines der wenigen Stellwerke vom Typ Orenstein & Koppel. Auch der Gleisplan weist einige interessante Aspekte auf und verdient eine nähere Betrachtung.
Das Stellwerk war als Reiterstellwerk über den Geleisen angebracht. Eine Foto dieser damals hochmodernen und innovativen Anlage wurde im SBB-Nachrichtenblatt 8/1932 veröffentlicht und zwar gleich
auf der Titelseite.
Zu diesem Zeitpunkt war das Stellwerk noch nicht montiert. Die Stellwerkkabine ist noch leer und ein Durchblick durch die vier Fenster möglich. Im Hintergrund ist die Signalbrücke sichtbar,
ebenfalls noch ohne Signale.
In Betrieb kam das neue Stellwerk im Jahr 1933. Die Strecke (Zürich) - Bäch - Pfäffikon war seit 1931 doppelspurig ausgebaut. Der weitere Ausbau auf Doppelspur Richtung Lachen - Chur verzögerte
sich wegen der finanziellen Lage der SBB. Vorerst wurde für den Bau des Etzelwerks auf der Trasse des späteren zweiten Gleis ein ca. 2 km langes Anschlussgleis gebaut. Dieses Gleis wurde 1932 in
Betrieb genommen. Der Bau des Kraftwerk dauerte von 1932 - 1937. Die Doppelspur Pfäffikon - Lachen konnte schliesslich erst 1941 vollendet werden.
Vor dem Stellwerk O&K gab es in Pfäffikon eine mechanische Anlage von Jüdel mit Befehl - und Wärterstellwerk aus dem Jahr 1894. Davon habe ich keinerlei Unterlagen oder Informationen.
Gleisplan Stand 3. Februar 1933
Sehr grosszügige Anlage mit zwei schienenfrei erreichbaren Zwischenperrons und einem mittig gelegenen Überholgleis IV. Die Unterführung hat auch einen Ausgang auf der dem AG
gegenüberliegenden Seite. Eine solche Ausstattung hatte sich damals wohl mancher Vorstand für seine Station gewünscht
Auffallend sind die kurzen Stumpengleise an den Perronenden. Es wurde jeder Platz ausgenützt, um noch ein Gleis unterzubringen. Gleise 15, 17 und 18 sind mit Sperrschuhen gesichert, nicht
aber Gleis 14. Dieses Gleis war so kurz, dass darin nichts Platz hatte. Es diente wohl eher als Schutzstumpen für Gleis 13
Auch sonst ist die Anlage überall mit Schutzstumpen versehen. Beim Überholgleis IV sind es Gleise 11 und 22, weitere Schutzstumpen sind Gleise 16, 12, 8, 9, 21 und 20
Sperrschuhe gibt es noch am nummerlosen Gleisabschnitt zwischen Weichen 30 uund 39 sowie am "Verbindungsgeleise der Steinfabrik" und am "Kiesgrubengeleise"
Gleis 1 ist ein reines Rangiergleis. Es sind weder Ein - noch Ausfahrten möglich
Die durchgehenden Hauptgeleise III und V können wie üblich nur in Fahrtrichtung links befahren werden, also Gleis III in Richtung Chur - Zürich und Gleis V in Richtung Zürich - Chur. In der
Gegenrichtung gibt es keine Ausfahrsignale. Auch Ausfahrten aus Gleis III Richtung Wollerau oder aus Gleis V Richtung Rapperswil waren signalmässig nicht möglich. Es gab dafür keine Fahrstrassen
Die Vorsignale und die Durchfahrsignale Seite Bäch und Altendorf sind bereits Lichtsignale. Insbesondere die Kombination mit den Semaphoren A 1/2 bzw. K 1/2 waren absolute Raritäten.
Die Vorsignale entsprachen noch nicht dem späteren Standard, sondern wiesen 6 Lampen auf
Seite Wollerau / Bäch sind bei Weichen 1, 6 und 12 Fühlschienen vorhanden. Seite Altendorf / Rapperswil gibt es keine Fühlschienen
An mehreren Stellen gibt es Gleismelder und Telephone. Die Gleismelder dienten wohl dazu, dass das Rangierpersonal die gewünschten Fahrstrassen beim Stellwerk verlangen konnte
Auf den Bahnsteigen gibt es Fahrstrassenmelder. Ich vermute, dass damit die Abfertigungsbeamten und das Gepäckpersonal über die bevorstehenden Zugfahrten orientiert wurde
Bemerkenswert ist auch die Bezeichnung Bahnsteig. In der Schweiz ist eher "Perron" gebräuchlich
Auf der ganzen Anlage finden sich gerade mal 8 Isolierungen und 1 Kontakt.
An beiden Ausfahrten gibt es je eine Signalbrücke mit drei einflügligen und einem dreiflügligen Semaphor. Das dreiflüglige Modell regelt die Ausfahrten aus Gleisen VI und VII. Welche
Fahrbegriffe wann angezeigt wurden, ist auf dem Plan nicht ersichtlich. Denkbar sind zwei Flügel für Ausfahrten aus Gleis VI und drei Flügel aus Gleis VII. Dann würde aber Fahrbegriff 1 (ein
Flügel) nicht vorkommen und die Bezeichnung E bzw. F VI/VII 1/2/3 wäre falsch.
Auf der Signalbrücke Seite Altendorf / Rapperswil befindet sich Rangiersignal R1. Ein weiteres Rangiersignal steht beim "Kiesgrubengleis"
Die Strecke Richtung Altendorf - Lachen - Chur ist noch einspurig. Das zweite Gleis der zukünftigen Doppelspur dient als Anschlussgleis zum Etzelwerk. Alle Züge aus dieser Richtung mussten
somit über ablenkende Weichen einfahren. Die Signale K 1/2, Kd und K* sind bereits für die zukünftige Doppelspur aufgestellt
Aus meiner Sicht hat der Gleisplan nur einen kleinen Mangel: Aus Gleis III kann das falsche Gleis Richtung Bäch nicht erreicht werden. Wenn in diese Richtung Einspurbetrieb eingeführt wurde,
konnten haltende Reisezüge in Fahrtrichtung Chur - Zürich nur noch via Gleis VI verkehren.
Von der aussergewöhnlichen Kombination Semaphor / Lichtvorsignal gibt es eine Foto im Buch "Signale der Schweizer Bahnen" von Rudolf W. Butz, Orell Füssli Verlag 1972. Abgebildet sind die Signale
A 1/2 und Ad
Auch das Vorsignal B* Seite Wollerau lässt sich auf einem Bild, das im SBB-Nachrichtenblatt 4/1965 erschienen ist, knapp erkennen. Wie meistens bei solchen Fotos ging es nicht um das Signal,
sondern um den Zug.
Skizze des Stellwerk Orenstein & Koppel
Ganz links der Kasten des Felderblocks. Von / nach Altendorf gibt es ein Zustimmungsfeld, da die Strecke noch einspurig ist. Die Strecken der SOB haben noch keinen Block
Daneben der Fahrstrassenmelder. Links Felder von/nach allen Richtungen, oben Geleise II bis VI. Die beiden Felder ganz links konnte ich nicht entziffern. Es ist zu hoffen, dass diese
Einrichtung selbstständig funktionierte und nicht noch vom Stellwerkbeamten bedient werden musste
Oben auf dem Stellwerk Lichtrückmelder für die Vorsignale, Formsignalrückmelder und die Geleisemelder. Bei den Ausfahrsignalen werden nur die Linienausfahrsignale C, D, G und H rückgemeldet,
nicht aber die Gleissignale auf den Signalbrücken. Die beiden runden Einrichtungen "V" bzw. "A" sind Anzeigeinstrumente für Strom und Spannung. "V" ist ein Voltmeter und "A" ein Ampèremeter
Darunter Notauflösungen, Belegtfelder der Geleise und weitere Anzeigen
Nächste Reihe sind die Signalschalter, beginnend links mit dem Einfahrsignal A 1/2. Für die Gleissignale E und F gibt es je Signal zwei Schalter, wahrscheinlich im Zusammenhang mit den
Liniensignalen C/D und G/H.
Zuunterst befinden sich links die Schalter für Fahrstrassen und rechts die Weichenschalter. Für die Fahrstrassen mussten zwei Hebel umgestellt werden, je ein roter und ein grüner. Einer
kontrollierte die mechanischen Abhängigkeiten, der andere die elektrischen
Ein einziges Stellwerk für einen so grossen Bahnhof war für diese Zeit sehr fortschrittlich. Bei einer mechanischen Anlage wären wahrscheinlich ein Befehlstellwerk und je ein Wärterstellwerk an
beiden Bahnhofsköpfen installiert worden. Somit konnte erheblich Personal eingespart werden. Allerdings musste ein einziger Beamter den ganzen Zugsverkehr und alle Rangiermanöver alleine regeln.
Eine eindrückliche Beschreibung des Dienst auf dem Stellwerk Pfäffikon findet sich in einem unbebilderten Artikel im SBB-Nachrichtenblatt 10/1937. Nebst der anspruchsvollen Arbeit im Stellwerk
leistete der Beamte in Zugspausen auch Dienst im Bureau.
Ein weiterer Plan mit Stand 1974. Es gab relativ wenig Veränderungen, was den Erbauern der ursprünglichen Anlage ein gutes Zeugnis ausstellt:
Alles Lichtsignale
Ausser Gleis 1 und den Stumpengleisen ist die Anlage vollständig isoliert
Bei Geleisen 3 und 5 sind Ausfahrten in beiden Richtungen möglich
Gleis 1 ist mit einem Perron versehen und es sind auch Ausfahrten, evtl. auch Einfahrten möglich
Die Nummerierung der Gleise wurde geändert
Bei den Weichen sind die ursprünglichen Nummern erhalten geblieben, und das nicht nur auf diesem Plan, sondern bis zum heutigen Tag (Stand 2020). So gibt es beispielsweise die einfache
Kreuzungsweiche in Gleis 4 Seite Altendorf immer noch und sie trägt immer noch die Nummer 35!
Die kurzen Stumpen an den Perronenden gibt es grösstenteils noch. Nur jener an Perron 3 Seite Bäch wurde entfernt (Punkt l bei den Modifikationen unten)
Ein paar Weichen Seite Altendorf wurden ausgebaut, dafür wurde eine neue schnelle Verbindung (Weichen 43 + 44) eingebaut
Die fehlende Weichenverbindung Seite Bäch und eine gerade Ausfahrt aus Gleis 6 Richtung Rapperswil wurden optional eingezeichnet
Bei Gleis 1 wurden zwei nur mit einer Drehscheibe erreichbare Anschlussgleise eingerichtet. Auch beim ehemaligen "Kiesgrubengleis" wurden weitere Weichen eingebaut und ein Vorrücksignal
aufgestellt
In den 1990erJahren hat mein Kollege Ruedi Gugger in Pfäffikon gearbeitet. Am 18. September 1997 habe ich Ruedi während einer Spätschicht besucht.
Ausblick von Stellwerk auf einen in Gleis 4 einfahrenden Güterzug bzw. auf eine bereitstehende S-Bahn nach Zürich
Das Stellwerk aus der Nähe. Vorne die roten und grünen Fahrstrassenhebel. Im Reglement 320.10, in dem die Stellwerke O&K beschrieben sind, werden diese Schalter Fahrtenwählschalter (Fws)
genannt.
Die waagrechten roten eckigen Hebel vorne in der Mitte, relativ schlecht sichtbar, sind die Signalschalter. Der zweithinterste Hebel zeigt schräg nach oben, dieses Signal ist geöffnet. Gemäss dem
R 320.10 heissen diese Hebel Fahrstrassensignalschalter FSS
Das Stellwerk von der anderen Seite. Vorne die blauen Weichenschalter
Ruedi in Aktion. Er arbeitet heute als Zugsverkehrsleiter in der BZ Ost beim Flughafen Zürich, erinnert sich aber gerne an die Zeit in Pfäffikon zurück. Hochinteressante Arbeit und in Zugspausen
ein schöner Ausblick auf den Zürichsee.
Zum Schluss noch ein weiteres Bild von Pfäffikon aus einem SBB-Nachrichtenblatt (12/1939). Der letzte Dampfzug der SOB in Pfäffikon am Zürichsee....
Leider falsch, die Aufnahme wurde in Rapperswil gemacht. Heute würde mal wohl von Fake-News sprechen
Quellen:
Bücher Wägli 1980 und 2018
Rudolf W. Butz: Signale der Schweizer Bahnen, Orell Füssli Verlag 1972