Müntschemier

Bei der Eröffnung der Strecke Bern - Neuenburg (BN) wurde die Station mit einem Zweikurbelwerk von Bruchsal ausgerüstet. Mit den Kurbeln konnten die Einfahrsignale bedient werden, gleichzeitig wurden damit die Einfahrweichen verreigelt.

Anlässlich der Elektrifikation wurde dieser Apparat durch ein Stellwerk Bruchsal H ersetzt.

 

 

Stellwerksplan des neuen Stellwerk Bruchsal H von 1929

  • Stellwerke vom Typ Bruchsal H waren in der Schweiz wenig verbreitet. Es wurden nur 6 Stück aufgestellt (Daillens, Glovelier, Frick, Cham, Gampelen und eben Müntschemier). Einige davon wurden später auf weiteren Stationen weiterverwendet. Es ist also denkbar, dass für das Müntschemierer Bruchsal H  Occasionsmaterial gebraucht wurde
  • Der Buchstabe H wurde bei Bruchsal-Stellwerken vermutlich nur in der Schweiz für die Ausführung mit oben angeordneten Fahrstrassenhebeln verwendet. Die H hatten den Vorteil, recht übersichtlich und kompakt zu sein
  • Die Klappscheiben-Einfahrsignale stammen von der vorherigen Anlage, die anderen Signale wurden neu aufgestellt
  • Die Kombination Klappscheiben-Einfahr- und Durchfahrsignal ist eine Besonderheit der Strecke der BN. Das gab es sonst schweizweit nirgends
  • Die auf den Plänen eingezeichneten mechanischen Haltfall-Pedale bewirken, dass nach Zugsdurchfahrten die Einfahrsignale Halt zeigten, die Durchfahrsignale aber bis zum Zurückstellen der Signalhebel weiterhin (Durch-) Fahrt erwarten signalisierten
  • Es gibt nur zwei Gleise, wobei auch in Gleis I eingefahren werden kann. Die Anlagenergänzung mit einem weiteren Gleis könnte schon bei Inbetriebnahme ein Thema gewesen sein. Man beachte die leeren Spalten (vier Fahrstrassen, zwei Weichen) in der Verschlusstabelle
  • Neben dem Stellwerk ist ein Barrierenantrieb eingezeichnet. Wie damals üblich war die Barriere nicht ins Stellwerk einbezogen und somit auch nicht signalabhängig

 

Zwei Zirkulare zur Inbetriebnahme des neuen Stellwerks. Bemerkenswert ist das schrittweise Vorgehen bei der Inbetriebnahme.

 

Pläne aus Staatsarchiv Bern

Bemerkungen zum Stellwerk von U. Dikenmann

 

 

Altes Bahnhofsgebäude vor dem Abbruch ca.1968. Beim bereitstehenden Ladegut auf der Rampe tippe ich auf Kartoffelsäcke, immerhin schon auf Europaletten gestapelt 

 

 

Das neue Bahnhofsgebäude im Bau. Inzwischen steht auch dieses Gebäude bereits nicht mehr. Ca. 1968

 

 

Das Stellwerk Bruchsal H aus der Nähe

  • Das Stellwerk steht offen vor dem Aufnahmegebäude. Es gibt keine Schutzhütte, wie sie später vielerorts errichtet wurde. Im Winter dürfte die Bedienung eine eher unangenehme Sache gewesen sein. Die eisernen Hebel waren auch nicht mit einem Plastiküberzug versehen.
  • Es gibt nun ein Kreuzungsgleis III, errichtet 1942. Die im Plan von 1929 noch leeren Weichen- und Fahrstrassenhebel sind alle belegt
  • Rechts vom Stw neben der offenen Türe hängt ein Bedienungkasten, eventuell für einen später eingebauten Gleichstrom-Streckenblock. Dessen Bedienungselemente konnten in der Regel abgedeckt und verschlossen werden. Und / oder es könnten da auch noch Tasten für Barrieren vorhanden gewesen sein
  • Man beachte auch den schönen Pflanzenschmuck, nicht selten gepflegt von der Frau des Vorstandes…

 

Kurth Bürki am Stellwerk Müntschemier. Kurth war damals in Gampelen stationiert und hat in Müntschemier abgelöst.

Im Hintergrund einige typische Utensilien jener Zeit. Mit der langen roten Stange konnten Güterwagen von Hand bewegt werden. Auf kleinen Stationen wie Müntschemier gab es keinen Schienentraktor und Handmanöver waren durchaus üblich. Auch hier sind auf Paletten verladene Säcke sichtbar.

 

Das Stellwerk aus der Nähe. Die Fahrstrassenhebel sind für eine Durchfahrt von Kerzers nach Ins eingestellt und Werner Wiedmer bedient gerade einen Signalhebel. Zwei Weichenhebel sind mit einem Holzkeil gegen Umlegen gesichert

 

Beide Aufnahmen sind ca. 1962 entstanden. Besten Dank an Kurth und Werner für die schönen Fotos und das Ok zur Veröffentlichung. 

 

Zuckerrübenverlad

 

Fotos Werner Wiedmer und Kurth Bürki

Bemerkungen zum Stellwerk von U. Dikenmann

 

 

Müntschemier, 12. April 1975. Wegen einer Betriebsstörung zwischen Bern und Lausanne wurde der TEE-Zug "Rheingold" Amsterdam - Genève via die BN umgeleitet. Stationsvorstand Stuber hat nicht nur dieses einmalige Ereignis fotografiert, sondern vorher freundlicherweise auch die bahninteressierte Dorfjugend (also vorallem mich...) informiert. Links sein Sohn Rolf, rechts ich.

 

Foto Ruedi Stuber (†)

 

1. Tag alleine im Dienst und schon eine Blockstörung...

Ausfahrt bei geschlossenem Signal und Abfahrbefehl mit dem Befehlsstab. Es ist zum Glück alles gut gegangen.

 

Foto P. Niklaus 1981

 

 

2016 wurde der Bahnhof umgebaut. Das Stationsgebäude aus den 60er Jahren wurde dabei schon wieder abgebrochen und die Gleisanlage vereinfacht. Bei Beginn der Arbeiten habe ich die "alte" Station nochmals besucht.

Das Mittelperron kann nur mit überschreiten der Gleise erreicht werden.

 

 

S5 Neuchâtel - Bern. Lokführer war zufälligerweise Jürg, der anderes Sohn des ehemaligen Stationsvorstand Stuber.

 

Nespressozug 68238 Avenches - Chavornay

 

RE La Chaux-de-Fonds - Bern

 

Regenbogen über der Station

 

Fotos S. Niklaus 28.01.2016

 

 

Noch ein Wort zum Namen Müntschemier: Wer das für einen komischen Ortsnamen hält, hat durchaus recht. Es ist definitiv ein merkwürdiger Name. Das zeigt sich nicht nur dadurch, dass die Herkunft unklar ist, sondern auch darin, dass die richtige Schreibweise gelegentlich Probleme bereitet:

Der Modelleisenbahner Heft 7 / 2003:  Müntschemir fast richtig, aber halt nicht ganz....

 

 

Führerstandsfahrt La Chaux-de-Fonds - Bern auf YouTube:  Müntscheimer, auch nicht schlecht

 

Hier noch der Link zum sehenswerten Video:

 

https://www.youtube.com/watch?v=Bx8H4gKi2pE