Erstfeld

Erstfeld ist einer der bekanntesten Bahnhöfe der Schweiz. Entsprechend gibt es von dort viele Fotografien und Berichte, die meisten davon betreffen aber die auf den Gotthardrampen eingesetzten Lokomotiven. Von den Stellwerk- und den Signalanlagen habe ich nur wenig Material gefunden.

 

Ein Nutzer der Homepage fragt nach den Betriebsabläufen und der Verwendung der verschiedenen Gleisgruppen. Falls hierzu jemand Angaben machen kann, würde ich das gerne entgegennehmen.

 

 

 

Gleisplan Stand November 1971

 

Stellwerke:

Insgesamt sind 3 Stellwerke Bauart Bruchsal G vorhanden: Das Befehlwerk beim AG sowie die Wärterstellwerke I und II

Ein weiteres Stellwerk Schalter Integra befindet sich am Ablaufberg bei Gleis E9.

Die mechanischen Stellwerke aus dem Jahr 1898 wurden 1973 durch ein heute (Stand 2022) noch bestehendes Stellwerk Domino 67 ersetzt.

 

Gleisgruppen:

A für die Ein - und Ausfahrten, B (siehe oben, evtl. Abstellgruppe), C und D umfassen das Lokdepot und E die Rangiergruppe am Ablaufberg

 

Signale und Gleise:

Bemerkenswert ist die rudimentäre Signalausstattung für einen so betriebsintensiven Bahnhof: Richtung Altdorf gibt es für 7 mögliche Ausfahrten nur ein einziges Signal B. Richtung Süden sieht es mit zwei Semaphoren für 6 Gleise nicht viel besser aus. In Deutschland beispielsweise wäre eine solche Anlage schlichtweg verboten: Dort ist auf Hauptbahnen für jedes Ausfahrgleis ein eigenes Signal vorgeschrieben. Damit sich nicht irrtümlicherweise der falsche Zug in Bewegung setzte, musste vermutlich haltenden Zügen ein Abfahrbefehl erteilt werden. Dabei stellt sich wiederum die Frage, wie und durch wen das gemacht wurde. Auch hier nehme ich Informationen gerne entgegen.

Die Vorsignale, das Wiederholungssignal C** und Signal B sind Lichtsignale, der Rest mechanische Signale.

Auch die 6 Rangiersignale sind teilweise Lichtsignale (R1 und R3), teilweise mechanische Kreuzsignale (R2*, R4, R5 und R6). Zusätzlich gibt es 2 Vorrücksignale V2 und V15 für Fahrten ab dem Depot. V2 ist mit einem Gleisnummernsignal versehen. Und am Ablaufberg finden sich noch die Ablaufsignale Z1 und Z2.

 

Ein - und Ausfahrten sind in Gleise A1 - A6 möglich, zusätzlich sind noch Ausfahrten Richtung Norden aus Gleisen A7 und E4 möglich. Trotz intensivem Verkehr gibt es kein schienenfrei erreichbares Zwischenperronen. Zum Ein - und Aussteigen müssen die Reisenden Gleise überschreiten, ausser in Gleis 1. Hingegen kann das Depotgelände vom Dorf her mit einer Personenunterführung erreicht werden. Somit musste wenigstens das Lok - und Depotpersonal nicht über die Geleise und die dort haltenden Züge steigen.

Ungewöhnlich ist, dass für Gleis 2 auch Fahrstrassen in der Gegenrichtung vorhanden sind, also von Norden nach Süden. Normalerweise sind die durchgehenden Hauptgleise nur "links" befahrbar. In Erstfeld dürfte die zusätzlichen Fahrmöglichkeiten wegen dem starken Verkehr eingerichtet worden sein. So konnte ein in Gleis 1 stehender Zug via Gleis 2 überholt werden. 

 

Vom Rangierstellwerk am Ablaufberg wurden Weichen 80, 82, 83, 84 und 85 bedient. Interessant ist die dazwischenliegende Weiche 81, welche als Schutzweiche von Stellwerk II bedient wird. Ich vermute, dass diese Weiche in Grundstellung links "auf Schutz" gestanden hat, so dass vom Ablaufberg ohne Mitwirkung von Stellwerk II nach Gleisen E1 und E2 rangiert werden konnte. Falls die Weiche in Stellung rechts umgestellt wurde, musste Stellwerk II vorgängig das Rangierstellwerk verständigen.

 

Das Lokdepot besteht aus den Gleisgruppen C und D, getrennt durch eine grosse Schiebebühne. Die Lokremisen sind mit I, II und III nummeriert. Auch eine Drehscheibe ist vorhanden, obwohl die Gotthardbahn bereits seit 50 Jahren elektrifiziert ist. Die Drehscheibe befindet sich nicht unmittelbar beim Depot, sondern ein Stück weit entfernt. In Gleis D3 ist auch noch eine Grube auszumachen.

 

Zirkular 10/48, in dem der Ersatz zweier mechanischen Klappscheiben durch Lichtsignale bekannt gegeben wird.

Der Ersatz dieser Signale wurde sogar im SBB-Nachrichtenblatt 3/48 erwähnt. Dabei ging es wohl nicht um diese unbedeutenden Signale, sondern eher darum, dem Personal aufzuzeigen, dass die Anlagen laufend verbessert wurden. Dazu passt auch der Titel der Rubrik "Modernisierung der Bahnanlagen".

 

 

Im Buch "Signale der Schweizer Bahnen" von Rudolf W. Butz (Orell Füssli Verlag 1972) finden sich diese Aufnahmen vom Rangierstellwerk am Ablaufberg und von Signal Z1

 

 

3 Bilder vom Rangierstellwerk am Ablaufberg. Dieses wurde 1944 in Betrieb genommen und am 11.09 2015 ausser Dienst gesetzt. Das kleine Dominostellwerk dient der Verständigung mit dem Befehlstellwerk Domino 67 im AG für Fahrten über Weiche 81.

 

Fotos Bert Steinkamp, Sammlung O. Wileczelek

 

Zum Schluss noch eine "Dokument" aus meiner Jugendzeit: In einem alten Schulheft hatten meine älteren Brüder Bilder gesammelt. Nebst Comicsfiguren, Fussballern und Kaugummibildchen ("Bazooka") waren darin auch ein paar Zeitungsausschnitte von Eisenbahnen enthalten. Bei der oberen Aufnahme bin ich relativ lange nicht auf den Aufnahmestandort gekommen. Verwirrt hat mich insbesondere die Seilbahn, aus der die Aufnahme gemacht wurde. Aber eines Tages bin ich doch auf die Lösung "Erstfeld" gekommen.

 

Alle nicht anders gekennzeichneten Pläne und Unterlagen aus Sammlung S. Niklaus