Basel SBB RB 1965

Dieses Bild eines zweiflügligen Semaphors stammt aus einem Fotobuch "SBB-CFF-FFS", herausgegeben von der Generaldirektion SBB. Dazu gibt es weder eine Ortsangabe noch ein Aufnahmedatum. Nach einigem Suchen und Überlegen habe ich den Standort gefunden. Es ist...

 

... Signal P 1/2. Im Plan zu finden in der A-Gruppe Gleis 2 mit der Bezeichnung Einfahrsignal km 4.173

 

Einige grundsätzliche Angaben zu Basel SBB RB I

  • Reiner Rangierbahnhof, es gibt keinen Ortsverkehr. Es werden keine Wagen be - oder entladen
  • Grundsätzlich Betrieb in West - Ost Richtung. Die Züge kommen aus Richtung Deutschland und Frankreich an. Es gibt aber auch einen bedeutenden innerschweizerischen Verkehr, nämlich jenen von  Kleinhüningen Hafen. Diese Züge verkehren ebenfalls via Basel Bad Bf
  • Gruppe A ist die Einfahrgruppe, B die Richtgruppe, C die Stationsgruppe und D die Ausfahrgruppe
  • Für die Ost - West Richtung dient der Güterbahnhof Basel SBB GB, auch Wolf genannt
  • Es gibt auch Eckverkehr, d.h. Züge, die Richtung Westen gebildet werden. Das gilt für Züge Richtung Jura - Delémont. Daneben gibt es auch Verkehr nach Basel loco, d.h. nach Basel SBB GB

Details im Gleisplan

 

Nachfolgend versuche ich, auf einzelne Gleise und Signale sowie die dazugehörenden Abläufe einzugehen. Als Grundlage dienen Ausschnitte aus dem vorangehenden Gleisplan Stand Februar 1965.

Ich habe selber nie in Basel SBB RB gearbeitet, so dass ich vieles nur vermuten kann. Korrekturen und Präzisierungen nehme ich gerne entgegen.

 

  • Die Rheinbrücke nach Basel Bad Bf ist doppelspurig ausgebaut, die Verbindungen nach Basel SBB PB bzw. Basel SBB RB sind noch einspurig
  • Einfahrsignale L und K inkl. Vorsignale von Basel Bad Bf nach deutschem Signalbuch
  • Die Signalstation Gellert ist seit 1957 mit einem Dominostellwerk ausgerüstet. Richtung Basel SBB PB kann mit Fahrbegriff 1 gefahren werden, Richtung Basel SBB RB mit Fahrbegriff 3
  • Blockstation Birsbrücke. Gemäss dem Buch Wägli seit 1960 mit automatischem Block ausgerüstet.
  • Einfahrsignal S  2/4 von Basel SBB GB mit dem seltenen Fahrbegriff 4
  • Einfahrsignal C2 ist ein Lichtsignal, D 1/2 noch ein Semaphor. Auch das dazugehörige Vorsignal D* ist  eine Klappscheibe
  • Die Signale sind wie üblich mit Buchstaben bezeichnet. Dabei wurde der Bahnhof Muttenz infolge der Berührungspunkte mitberücksichtigt. Doppelbelegungen gab es für die Signale der Blockstelle Hard zwischen Muttenz und Pratteln sowie für das Einfahrsignal aus Richtung Birsfelden Hafen. Die fehlenden Buchstaben waren durch Sperrsignale belegt, die auf diesem Plan nicht eingezeichnet sind
  • Stellwerk I ist ein Wärterstellwerk. Wie alle Stellwerke des RB ist es ein VES Einreihen-Schaltwerk
  • Bei Stellwerk I mündet die 1940 eröffnete Strecke aus Birsfelden Hafen ein. Einfahrten waren nach Geleisen A7 - A11 möglich. Ausfahrten konnten aus Geleisen A9 - A11 eingestellt werden, auch nach Basel SBB GB und Basel Bad Bf
  • Gleise A1 und A2 sind Teil der doppelspurigen Umfahrungslinie
  • Gleise A3 bis A11 sind die Einfahrgruppe. Nachdem die ankommende Lok weggestellt wurde, konnten die Züge über den Ablaufberg gedrückt werden
  • Gleise A12 und A13 sind die "Spitzkehrengeleise". Sie dienten für Züge von Basel SBB GB nach Gellert - Basel Bad Bf, die hier einen Richtungswechsel vollziehen müssen
  • Via Gleis A14 - Muttenz Gleis 3  bestand eine direkte Verbindung von und nach der Stammlinie. So konnte der RB teilweise umfahren werden
  • Nicht bekannt ist mir der Zweck der Gleisgruppe A21 - A25. Evtl. für den Baudienst, auf der vorangehenden Foto von Signal P1/2 sind rechts Holzschwellen zu erkennen
  • Stellwerk II ist das Befehlsstellwerk, das die Zugfahrstrassen freigibt. Stellwerk I ein Wärterstellwerk. Zugfahrstrassen können nur nach Freigabe von Stellwerk II eingestellt werden
  • Zwischen Gleisen A10 und A11 gibt es eine zusätzliche Weichenverbindung 46* / 47*. Die doppelte Belegung der Nummern 46 / 47 deutet daruf hin, dass diese Verbindung erst später erstellt wurde. Der Nutzen könnte darin liegen, dass die Lok eines ankommenden Zugs aus Birsfelden rasch weggestellt werden konnte: Zug fährt ein, (Dampf)lok zieht zwischen Weiche 46* / 47 vor. Danach kann der Zug via Weichen 46* / 47* über den Ablaufberg geschoben werden. Das ist aber nur eine Vermutung von mir, evtl. hatte die Verbindung einen anderen Zweck
  • Gleise J1 / J2 könnten folgenden Zweck haben: Es gab ja nicht nur Züge, die in Basel SBB RB aufgelöst und neu gebildet wurden sondern auch durchlaufende Züge ohne Formationsänderung. Das waren nicht nur Züge aus Deutschland oder Frankreich, sondern auch die innerschweizerische Züge aus Kleinhüningen Hafen. Bei diesen Zügen war aber ein Lokwechsel nötig, da die ankommende Dampflok gegen eine Elektrolok getauscht wurde. Der Ablauf wäre dann folgender: E-Lok wartet in Gleis J1, Transitzug fährt in Gleis A2 ein, Dampflok kuppelt ab und fährt nach Gleis J2, danach fährt die E-Lok in Gleis A2 an den Zug an und kann nach einer Zusatzbremsprobe weiterfahren. Die Dampflok fährt anschliessend nach Basel SBB GB, um von dort einen Zug nach Norden zu übernehmen. Auch das ist nur eine Vermutung von mir, ob das wirklich so gemacht wurde, weiss ich nicht.
  • Ablaufberg mit "Sommerrücken" und "Winterrücken". Der Winterrücken ist ein wenig höher, da die Wagen im Winter schlechter ablaufen
  • Für Fahrzeuge mit Ablaufverbot kann der Ablaufberg umfahren werden
  • Am Ablaufberg befindet sich Stellwerk III. Von dort wurden die Ablaufsignale gesteuert
  • Von Stellwerk IV wurden die Weichen der B-Gruppe und die Gleisbremsen bedient
  • In Gleis J15 befindet sich ein Wasserkran. Dort konnten die Rangierlokomotiven die Wasservorräte ergänzen. Der Bahnhof war grösstenteils ohne Fahrleitung, so dass mit Dampflok rangiert wurde
  • Die weiteren Geleise der J-Gruppe dienen der Zollbehandlung. Vermutlich war der Ablauf folgender: Wagen, die verzollt werden mussten, liefen vom Ablaufberg in Gleis B5. Von dort wurden sie via Weichen 97 - 61 in die J-Gleise manövriert. Nach erfolgter Zollbehandlung wurden die Wagen in Gleis A3 gezogen und von dort wieder über den Ablaufberg verteilt. Für Kontrollabwägungen gab es in Gleis J5 eine Brückenwaage
  • Bei Gleis B4 dürfte es sich um ein sogenanntes Zirkulationsgleis handeln. Es schliesst nicht an den Ablaufberg an, aber es lassen sich alle Geleise der A- und D-Gruppe erreichen. Solche Gleise sind üblich, um Rangierfahrten zwischen den verschiedenen Gleisgruppen durchzuführen
  • Es ist anzunehmen, dass es auch weiter nördlich ein Zirkulationsgleis gab, um die Gruppen U, T und R zu erreichen. Evtl. könnte Gleis B36 diesem Zweck dienen. Das Gleis wäre dann nicht mit Güterwagen belegt worden
  • Gleis J14 führt zum Dienstgebäude. Hier wäre denkbar, dass dieses Gebäude mit Kohle geheizt wurde, die mit Güterwagen via Gleis J14 geliefert wurde. Auch das ist nur eine Vermutung, evtl. hatte das Gleis einen andern Zweck
  • Gleis B1 kann nur in Richtung D-Gruppe - Muttenz signalmässig befahren werden. In der Gegenrichtung sind keine Signale vorhanden. Wozu diese Verbindung benutzt wurde, ist mir nicht ganz klar. Evtl. für Lokomotiven, die nach Basel SBB PB ins Depot zurückkehrten
  • Geleise L4 und L5 schliesslich sind Lokomotivwartegleise. Gleis L5 diente wohl für Loks Richtung Westen und Gleis L4  Richtung Osten (D-Gruppe). Die Lage zwischen Dienstgebäude und Bahnhof Muttenz wurde vermutlich bewusst gewählt. Im Dienstgebäude konnten wartende Lokführer ihre Pausen verbringen. Auch sanitäre Einrichtungen waren dort vorhanden. Falls eine Lok abgestellt wurde, konnte der Lokführer anschliessend zu Fuss zum Bahnhof Muttenz gelangen und von dort mit einem Personenzug zum nächsten Einsatzort oder in den Feierabend fahren. Das gleiche gilt für Lokführer, die eine abgestellte Lok übernehmen mussten

 

 

 

  • Gleisgruppe T ist die Depotanlage für die Rangierlokomotiven. Der Rangierbahnhof war grösstenteils ohne Fahrleitung, so dass mit Dampflok rangiert wurde. Deshalb ist auch hier ein Wasserkran und ein Kohledepot vorhanden. Für E-Lok gab es kein Depot, dieses befand sich in Basel SBB PB (Nauenstrasse)
  • In Gruppe R konnten defekte Wagen repariert werden. Für den Besserverlad ist ein Portalkran vorhanden
  • Stellwerke V und VII sind Wärterstellwerke, Stellwerk VIII ist das Befehlsstellwerk
  • Beeindruckend ist das "Weichennest" vor dem Stellwerk V. Ich kann mir vorstellen, dass die Arbeit der Stellwerkwärter sehr anspruchsvoll gewesen sein muss
  • Gleis L1 ist ein weiteres Lokomotivwartegleis, ausgerüstet mit Wasserkran und Putzgrube. Auch hier befindet sich ein Dienstgebäude in unmittelbarer Nähe
  • Von Stellwerk II wurde nicht nur die imposante Signalbrücke mit 9 Signalen gesteuert, sondern auch die Blockstelle Hard an der danebenliegenden Strecke Muttenz - Pratteln
  • Alle Bahnhofspläne sind kreisweise nummeriert. Dieser Plan hat rechts oben Nummern gleich für alle Kreise. Basel lag zwar im Kreis II, aber hier kamen eben alle Kreise zusammen

Dir Gruppe C ist die Stationsgruppe. Im SBB-Nachrichtenblatt 8/1932 ist darüber ein längerer Artikel erschienen. Hier die Zusammenfassung:

 

Zweck der Stationsgruppe ist die Einreihung eines Zuges nach Stationen. Nehmen wir an, es verkehrt ein  Nahgüterzug nach Olten, der die Stationen Liestal, Lausen, Sissach, Gelterkinden und Tecknau bedient. Wenn nun die Wagen für diesen Zug in einem Gleis der B-Gruppe gesammelt werden, sind sie durcheinander gemischt, z.B Ge, Ge, La, Li, Ge, Te, La, Si, Ge, Li, Li, Li, Li, Si, La. In der Stationsgruppe wurden nun die Wagen in der Reihenfolge der Stationen geordnet. In diesem Fall also Li, Li, Li, Li, Li, La, La, Si, Si, Ge, Ge, Ge, Ge, Te, Te. Nahgüterzüge werden normalerweise so gebildet, dass die Zufuhr am Schluss abgekuppelt werden kann.

 

Die Gruppe C funktioniert wie folgt:

  • Die ganze Gruppe liegt in einem Gefälle. Gleis C22 ist der höchste Punkt, Gleis C19 der tiefste
  • Die Rangierlok zieht die zu ordnenden Wagen aus der B-Gruppe via Gleis C15 (Schleppgleis) in Gleis C21 oder C22 (Ausziehgleis)
  • Beim ersten Wagen hinter der Lok wird die Handbremse von einem Rangiermitarbeiter angezogen, anschliessend wird die Lok abgehängt
  • Die Lok wird nicht mehr benötigt und kehrt via Gleis C22 - D12 oder C21/22 - C15 zurück
  • Der Mitarbeiter auf dem letzten Wagen löst die Handbremse und die ganze Wagenkolonne rollt Richtung Stw VII
  • Auf Höhe des Stw VII befindet sich ein kurzes horizontales Gleisstück. So werden die Puffer etwas  zusammengedrückt und die Wagen können entkuppelt werden. Nötigenfalls wird durch Unterlegen eines Holzstücks (!) etwas nachgeholfen
  • Die Wagen werden auf die verschiedenen Gleise verteilt. In unserem Beispiel die Wagen Liestal in Gleis C1, Lausen C2, Sissach C3, Gelterkinden C4 und Tecknau C5. Aufgehalten werden die Wagen mit speziellen Hemmschuhen
  • Nun werden die Wagengruppen in der Reihenfolge Gleis C1, C2, C3, C4 und C5 nach Gleis C19 (Sammelgleis) abgelassen, indem die  Hemmschuhe entfernt werden
  • Die vorderste Wagengruppe wird durch einen Bremser begleitet. Dieser regelt die Geschwindigkeit so, dass die nachfolgenden Wagengruppen schon während der Fahrt auflaufen und starkes Anprallen im Sammelgleis vermieden wird
  • Nun kann der fertig formierte Zug in die D-Gruppe gebracht werden und von dort abfahren
  • Die Gleise C16 bis C18 dienen dazu, allfällige Fehlläufe zu berichtigen. Befindet sich z.B. in der Gruppe Liestal irrtümlicherweise ein Wagen Tecknau, kann dieser vorübergehend in Gleis C16 stehengelssen werden, bis die Wagen Tecknau an der Reihe sind

Erwähnenswert ist noch, dass am unteren Ende der C-Gruppe vereinfachte Weichen ohne Stellvorrichtung und Laternen eingebaut wurden. Diese Weichen wurden immer von der Wurzel aus befahren und von den ablaufenden Wagen einfach aufgeschnitten. 

Stellwerk VII und die Stationsgruppe (Foto aus SBB-Nachrichtenblatt 8/1932)