Birrfeld

  • Lichtsignale und Fahrbegriff 3 Seite Brugg

 

Chemiewerk

  • 1928-1931       bestand hier ein Zementwerk. Deshalb wohl auch ein 800 m langer bergmännischer Stollen auf der Ostseite (samt gleichnamigem Restaurant und Postauto-Haltestelle, alles bestehend).
  • 1938-1944       Münzelwerk (Chemische Produkte), nach eigenen Angaben 400-600 Beschäftigte
  • 1944-1951       Öl- und Chemiewerke Hausen
  • 1951-1993       Reichhold Chemie, 1993 Verlegung der Produktion ins Ausland
  • 1996-2002       Verbrennung von Sonderabfällen
  • 2010                  Abbruch der Hochbauten
  • Ab 2021            entsteht neu ein «Campus Reichold» auf einer Arealfläche 75'000 m2, anvisiert Gewerbe und Informatik, bringt 1400-1800 Arbeitsplätze. Flächenanteil Hausen 43%, Lupfig 57%.

 

Die rein private Haltestelle «Chemiewerk» entstand auf Wunsch des damaligen Münzelwerkes bei Km 3.03 (ab Brugg) in Fahrrichtung links. Sie wurde am 8. Oktober 1939 (kurz nach der Mobilmachung, welche zur vorübergehenden Schliessung des Werkes führte) eröffnet und voll von der Firma finanziert; die Baukosten betrugen Fr. 2900.-. Eine schlichte Aufschüttung von 60 m Länge und 3,5 m Breite musste genügen. Ein Beleuchtungsmast war das einzige Inventar; er bestand als letztes Relikt noch lange nach der Aufhebung der Zugshalte.
 
Die Haltestelle war kein Taxpunkt; die Fahrausweise musste also bis zum nächsten Bahnhof (Brugg oder Birrfeld) gültig sein. Gerechnet wurde nach Angaben der Firma mit einer Frequenz bei Arbeitsbeginn und -schluss von rund 20 Personen, wovon 10-12 von Zürich über Brugg anareisten. Für diese wurde zeitweise ein Anschluss-Extrazug um etwa 7.40 ab Brugg eingelegt, er fuhr bis Birrfeld und wieder leer zurück. Die Firma übernahm diese Kosten, die mit Fr. 5.- pro Werktag doch bescheiden waren.
 
Über die Anzahl der Zugshalte gibt es keine Angaben. Mindestens gab es am Morgen und am Abend einen Halt.
 
In den Kriegsjahren mit der bekannten Knappheit an Pneus und Treibstoffen gab es mehrere Vorstösse aus der Bevölkerung, die Haltestelle auch dem Publikum zu öffnen. Dies wurde jedoch seitens SBB abgelehnt, auch die Gemeinde wollte sich mit dem Hinweis auf die Distanz zum Ortskern nicht engagieren. Immerhin konnten ausnahmsweise Vereins- und Schulreisen die Haltestelle benützen. Ein offizielles Ende der wenigen Zugshalte, welche übrigens nie publiziert wurden, ist nicht nachweisbar; es dürfte Ende der 1970-Jahre liegen. Verbürgt ist hingegen, dass am Schluss noch ein einziger Fahrgast den Halt benützte – es war der Direktor, der beim Bahnhof Brugg wohnte.
 
Das letzte noch im Industriebetrieb eingesetzte Fahrzeug, ein Tm 2/2 (Stadler, 1960), kam als 2. Rangierfahrzeug zunächst zur Firma  Auto- und Metallverwertung Schwarzenbach SG. Es war seinerzeit ohne Fahrzeug-, aber einprägsamer Fabrikationsnummer 111. Aktuell kann es bei Einsätzen der Vereinigung DSF zwischen Bubikon und Wolfhausen beobachtet werden, in dunkelgrüner Farbe.
 
Der Bau des 2. Gleises 1990-1994 im Rahmen des Huckepackkorridors Basel-Gotthard beseitigte alle Spuren der früheren Haltestelle Chemiewerk.

 

Werk BBC - Birr

 

Die Privathaltestelle bei km 5.126 hatte eine Länge von 197 m und war nur über ein Industriegleis zugänglich. Immer mehr Bewohner nützten die Zugshalte auch zum Einkaufen. Um 1990 wurde sie deshalb offizielle Haltestelle mit bescheidener Infrastruktur. Bei Planungsarbeiten für die Doppelspur Brugg-Othmarsingen im Rahmen des Huckepackkorridors Basel-Gotthard wurde die Frage nach weiteren Haltestellen geprüft. Interessiert waren Brunegg und Hausen, die ein starkes Wachstum verzeichneten. Abklärungen des Kantons ergaben jedoch den Verzicht auf Brunegg und Hausen, hier mit der Begründung, dass eine Bahnhaltestelle nur für einen kleinen Teil des langgezogenen Dorfes attraktiv wäre. Forciert wurde jedoch die Auftrennung des bisherigen Bahnhofes Birrfeld (ohne gleichnamiges Dorf und ohnehin auf der «falschen» Seite gelegen) in eine offizielle Haltestelle BIRR und weiter nördlich einen Bahnhof LUPFIG, hier mit beträchtlichem Güterverkehr auf 4 Anschlussgleisen.
 
Seit 1994 besteht nun Birr als eigenständige, nicht besetzte, aber voll ausgebaute und schienenfrei zugängliche, sogar behindertengerechte Haltestelle im SBB-Netz. Mit einer Perronhöhe von 55 cm und einer Länge von 220 m ist sie sogar S-bahntauglich. Heute fahren hier stündlich 4 Züge ab. Die zunächst gewöhnungsbedürftige Gleisnummerierung mit 5 und 6 entspricht dem Pendant im Nachbarbahnhof Lupfig. Die Verknüpfung mit der viertelstündlich verkehrenden Postautolinie 364 nach Birr-Lupfig-Hausen-Brugg ist perfekt.
 
Am 29. Mai 1994 konnte der völlig neu erstellte Bahnhof Lupfig eröffnet werden, am 13. August 1994 wurde der «Laubsägebahnhof» Birrfeld mit Baujahr 1882 publikumswirksam abgebrochen. Die Erhaltung war im Hinblick auf die neu und viel grösser dimensionierte Gleis- und Umschlaganlage (Bertschi) nicht möglich, man verwies auch auf den fast baugleichen Typ in Oberrüti. Die Einweihung der sanierten Gesamtstrecke Brugg-Othmarsingen war am 29. April 1995.
 
Der Bau des 2. Gleises 1990-1994 im Rahmen des Huckepackkorridors Basel-Gotthard beseitigte auch hier alle Spuren der früheren BBC-Haltestelle. Immerhin ist der Standort fast genau übernommen worden.

 

Die Angaben zur Chemiewerk und Werk Birr-BBC habe ich von einem Kenner der örtlichen Gegebenheiten erhalten, der nicht namentlich genannt werden möchte. Es ist faszinierend, welche interessanten Geschichten  sich hinter so unscheinbaren Haltestellen verbergen.