Anh FDR BLS 42.5 Abfahrt von Zügen ausserhalb des Ausfahrsignals nach Rangierbewegungen

Die Anwendung dieses Artikel habe ich während meiner Zeit als Lehrling in Müntschemier erlebt. Am Abend verkehrte ein Güterzug 9467 Bern - Neuchâtel. Dieser Zug brachte meistens Zementwagen mit, die in Gleis 21 zugestellt werden mussten. Waren alle anderen Manöver gemacht und nur noch diese Zementwagen am Zug, hat der Vorstand Ausfahrsignal C auf Fahrt gestellt. Der Zug ist Richtung Neuchâtel abgefahren und hat nach Weiche 18 wieder angehalten. Der Vorstand hat die Weiche umgestellt, der Zug ist zurückgefahren und hat die Wagen in Gleis 21 zugestellt. Nachdem die Wagen abgekuppelt waren, konnte er endgültig  Richtung Neuchâtel abfahren.

 

Ein Nachteil dieses Verfahrens war, dass die Barrieren schon beim Stellen des Ausfahrsignals geschlossen werden mussten und deshalb lange geschlossen blieben. Gleich jenseits des Bahnübergangs "Rebenweg" hat mein Vater einen Acker bewirtschaftet und ich musste als Schüler gelegentlich mit dem Traktor vor der geschlossenen Barriere warten, bis das Manöver gemäss Anh FDR BLS 42.5 vollzogen war...

 

Ich kann nicht ausschliessen, dass auch auf anderen Stationen der BLS/BN so vorgegangen wurde, aber erlebt habe ich dieses Manöver nur in Müntschemier. Generell empfahl es sich, solche speziellen Verfahren nur anzuwenden, wenn alle Beteiligten damit vertraut waren. Auf der Strecke Bern - Neuchâtel war das der Fall, dort kannten Lokführer, Zug - und Stationspersonal diesen Ablauf.  

 

 

FDR 47.14 Einfahrsignal auf Halt

1981 war ich als Lehrling in Belp stationiert. Für einen Zug aus Bern konnte das Einfahrsignal nicht auf Fahrt gestellt werden. Da es keine Hilfssignale gab, wurde ich losgeschickt, um den Zug hereinzuwinken. Ich bin losgerannt und sobald ich in Sichtweite des Lokführers angekommen war,  habe ich mit der Mütze gewunken. Der Zug hat sich dann tatsächlich in Bewegung gesetzt und ist eingefahren.

Für einfahrende Züge ist das Verfahren relativ einfach, hier kann nicht viel passieren. Anders sieht bei einer Ausfahrt auf die Strecke aus, da könnte ja ein Zug entgegenkommen. Hier genügte Winken oder mündliches Auffordern nicht, es brauchte immer einen schriftlichen Auftrag. Vorher musste mit der Nachbarstation "Anfrage und Zusage freier Bahn"  ausgetauscht werden.

 

 

Sofern vorhanden, empfahl es sich, zum Winken eine Mütze mit rotem Überzug zu verwenden. Der Lokführer konnte einem so früher erkennen. Ob ich damals in Belp schon eine solche Mütze besass, weiss ich nicht mehr. Hier auf alle Fälle zwei meiner Original-Mütze Grösse 57. Als Lehrling trug man natürlich ein Modell ohne goldene Streifen.

Wenn ich mich recht erinnere, musste ich später nie mehr einen Zug in eine Station hereinwinken. Auf den meisten Stationen gibt es für solche Fälle Hilfssignale oder Nottasten.

 

 

FDR 13.6 Anschriftentafel

In Müntschemier befand sich eine Anschriftentafel gleisseitig direkt neben der Bürotüre. Auf dieser hat der Vorstand hat die am Vortag bekannten Extrazüge gewissenhaft eingetragen. Soweit ich mich erinnern kann, wurde auf anderen Stationen weniger Wert auf diese Tafeln gelegt, oder es gab gar keine solche. Ein Grund könnte gewesen sein, dass in Müntschemier Bahnmeister Jampen privat wohnte. Er war verantwortlich für die Strecke Bern - Neuchâtel. Auch die Bahndienstmitarbeiter Hediger, Blunier und Niklaus (mir nicht verwandt) waren dort wohnhaft und gingen morgens mit dem Zug zur Arbeit. So konnten sie sich schon vor Arbeitsantritt informieren, ob mit zusätzlichen Zügen zu rechnen war. In Zeiten ohne Natel war das eine nützliche Information.   

 

Natürlich war die Tafel auch für die bahninteressierte Dorfjugend, also vorallem für mich, von Nutzen. So konnte ich mich rechtzeitig am Bahnhof einfinden, wenn ein Extrazug zu erwarten war...

 

 

Ein Bild einer Anschriftentafel habe ich nirgends gefunden. In Müntschemier ist sie irgendwann mal entfernt worden. Deshalb ein selbst kreiertes Beispiel, wie ich sie in Erinnerung habe. Der Text "Heute verkehren Züge" war fest auf der Tafel angebracht. Die verkehrenden Extrazüge wurden mit Kreide eingetragen.

Hier ein fitives Beispiel. Die Anschriften bedeuten:

34452          Zugnummer

Ne - Bn        Verkehrt von Neuchâtel nach Bern

15 (36/39)  An / Abfahrtszeit, () = bedingter Halt, also nicht, damit Reisende ein- oder aussteigen können

V 4461         Kreuzt Zug 4461 

 

Es war nicht so, dass täglich Extrazüge verkehrten. Es gab vielleicht 1-2 mal pro Woche einen Zug einzutragen. Denkbar waren auch Ausfälle von Zügen, aber das kam kaum vor.

 

 

Im Fahrdienstbüro Murten, wo ich arbeite, hängt in einer Ecke eine alte Tafel, überklebt mit diversen Weisungen. Es könnte sich dabei um eine alte Anschriftentafel handeln. Normalerweise waren diese Tafeln aber an einer Aussenwand angebracht.

 

Auf grösseren Bahnhöfen genügte natürlich eine simple Tafel nicht. Dort gab es ein Bahnhofzirkular. Hier ein Beispiel von Basel SBB PB aus den 80er Jahren. Das ist nur die 1. Seite, das Programm umfasste an diesem Tag nicht weniger als 17 Seiten. Das Programm wurde jeweils am Vortag mit Schreibmaschine erstellt, vervielfältigt und an alle interessierten Dienststellen verteilt.

Ähnliche Programme gibt es auch heute noch. Man muss sie natürlich nicht mehr von Hand erstellen, sondern kann sie einfach aus einem System namens "RCS" generieren.

 

Bfi-Z Basel SBB PB: Sammlung Dikenmann

Alle anderen Unterlagen S. Niklaus